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von Eugène Ionesco
Ein gutbürgerliches Ehepaar samt seinem Besuch unterhält sich - wenn man ihre schablonenhafte,
sinnentleerte Konversation überhaupt so bezeichnen kann. Denn egal welche Worte sie sprechen,
Laute werden es gar gegen Ende, eher rhythmische Dialoge, die Figuren verharren in ihren eigenen Vorstellungen,
bleiben gefangen in ihrer Isolation. Fast autistisch wirken sie in ihren „Beziehungs-Kisten“.
„Sie reden gegen eine Wand, jegliche Sicht
aufs Gegenüber ist verstellt. Die Bildersprache der Inszenierung steht für sich, sie macht diese
Sprachlosigkeit noch viel deutlicher als der Text allein. Und das ist das Absurde: Man erkennt das
Menschliche in den Figuren, erkennt sich selbst – und lacht und lacht und denkt: Wie sonderbar!“
So gelingt dem Erfolgsautor Ionesco ein Plädoyer gegen die Abgestumpftheit,
womit er Ihnen als Zuschauer das absurde Gefühl verschafft, sich über andere großartig
amüsieren zu können.
Mr. Smith
Günther Bülig
Mrs. Smith
Jutta Hatzold
Mr. Martin
Ingo Jergens
Mrs. Martin
Jennifer Withelm
Dienstmädchen
Ingrid Prinz
Feuerwehrmann
Martin Weidmann
Regie und BühnenbildThomas Eggart
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Brilliant gespielte Absurditäten
Wenn keiner etwas zu sagen hat, muss das nicht heißen, dass geschwiegen wird. Das Theater TiG überzeugt mit dem absurden Stück "Die kahle Sängerin", einer Parodie auf die Konversationsstücke des Boulevardtheaters
Gröbenzell - … Wer kennt es nicht, dieses sinnentleerte Gequatsche, wenn man eigentlich nichts zu sagen hat, Floskeln, die man aufsagt, wenn Desinteresse Anteilnahme verhindert. „Jetzt teilen wir unsere Sorgen gemeinsam, die wir zuvor nicht hatten“, sagt Ingo Jergens in der Rolle des Mr. Martin [anno] 1950. Heute sagt man: „Mit dem Computer lösen wir Probleme, die wir ohne ihn nicht hätten.“
Selbst Ehefrauen, die sich standhaft weigern, ihren Ehemann zu kennen, sind 2011 keine Offenbarung mehr. Mrs. Martin (Jennifer Withelm) sowie das Ehepaar Smith, gespielt von Jutta Hatzold und Günther Bülig, sitzen den ganzen Abend in Kisten – Beziehungskisten – gefangen in den eigenen vier Wänden und in eigenen Vorstellungen und automatisierten Redemitteln. Innere Leere, Einsamkeit und Ichbezogenheit beherrschen die Szenen. „Warum gibt man das Alter immer nur bei Toten an, nie bei Neugeborenen?“, fragt Mr. Smith, ohne ernsthaft eine Antwort zu erwarten.
Zusammenhanglose Dialoge werden übertroffen von nicht nachvollziehbaren Monologen des Feuerwehrhauptmanns (Martin Weidmann). Es ist eine Leistung, diesen Schwachsinn zu rezitieren, ohne dabei den Ernst zu verlieren. Ja, es wurde ohne Ausnahme so brillant gespielt, dass sich das Gefühl aufdrängte, es könnten womöglich gerade diese alltäglichen Absurditäten sein, die das Leben liebenswert machen.
Ruth Gemeinhardt, Münchner Merkur, 24. März 2011