Empfindliches Gleichgewicht

von Eward Albee

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Plakat für "Empfindliches Gleichgewicht"

Das gutsituierte ältere Ehepaar Agnes und Tobias sowie Agnes' Schwester Claire, eine Trinkerin, die leugnet, eine zu sein, wohnen unter einem Dach und teilen Streitigkeiten, an die sie sich durch lange Jahre der Übung gut gewöhnt zu haben scheinen. Gerade mussten sie erfahren, dass ihr unbequemes Dreiecksverhältnis - zum wiederholten Mal - gestört werden wird: von der Heimkehr Julias, der erwachsenen Tochter des Hauses. Ihre vierte Ehe steht vor dem Ende.

Als sei dies nicht genug, begehren kurz darauf Edna und Harry Einlass, die 'besten Freunde' von Agnes und Tobias. Sie verkünden, ein namenloses Grauen habe sie zuhause überkommen. Nun suchen sie Unterkunft.

Als am nächsten Vormittag Tochter Julia tatsächlich heimkehrt und ihr Zimmer von Edna und Harry besetzt findet, beginnt eine Serie verbaler Kampfhandlungen um Rechte und Pflichten von und gegenüber Freunden und Verwandten. Natürlich tun sich bald Nebenkriegsschauplätze auf und alte Wunden werden aufgerissen, bevor eine Lösung in Resignation sich anbahnt.

Die Rollen und ihre Darsteller

Agnes Jutta HatzoldAgnes: Jutta Hatzold
Tobias, ihr Mann Günther BüligTobias: Günther Bülig
Julia, beider Tochter Corinna WestphalJulia: Corinna Westphal
Claire, Agnes' Schwester Barbara ChlumskyClaire: Barbara Chlumsky
Edna Barbara DenkEdna: Barbara Denk
Harry Martin WeidmannHarry: Martin Weidmann

RegiePeter Spies Peter Spies

Aufnahmen aus dem Stück
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Presseecho

Gestörte Balance

Das Theater in Gröbenzell (TiG) spielt Edward Albee

Gröbenzell - Beim Namen Edward Albee denkt man gewöhnlich erst einmal an „Wer hat Angst vor Virginia Woolf“. Das Theater in Gröbenzell (TiG) hat sich für seine aktuelle Inszenierung jedoch für ein anderes Stück des amerikanischen Autors entschieden. Das TiG feierte am vergangenen Freitag mit „Empfindliches Gleichgewicht“ im Gröbenzeller Bürgerhaus Premiere. Ein Stück, das Albee 1966 geschrieben und das ihm den Pulitzer-Preis eingebracht hat.

Dass der Preis wohl verdient war, wird bereits nach wenigen Minuten klar. Entspannt auf dem Sofa sitzend philosophiert Agnes (Jutta Hatzold), wie es wäre, wenn man plötzlich verrückt würde. Ihr Mann Tobias (Günther Bülig) scheint gar nicht zuzuhören, kann aber dann doch Teile des Monologs wörtlich wiedergeben.

Die sarkastischen Streitereien zwischen seiner Frau und deren alkoholsüchtiger Schwester Claire (Barbara Chlumsky) mag Tobias dagegen nicht mehr hören. Die beiden scheinen ständig nur die schlimmsten Seiten aneinander hervorzubringen, sehr zum Amüsement der Zuschauer. Unglücklicherweise lebt aber nicht nur Claire im gleichen Haus. Wenig später taucht auch Tochter Julia (Corinna Westphal) nach gescheiterter vierter Ehe wieder bei ihren Eltern auf. Und ihre besten Freunde Edna (Barbara Denk) und Harry (Martin Weidmann) suchen ebenfalls bei ihnen Zuflucht. Der Grund wird erst nach und nach klar. Zunächst geben sie nur preis, dass sie sich allein daheim fürchten. Später wird deutlich, dass das langsame Scheitern ihrer Ehe ihnen Angst macht. Die Tatsache, dass sie sich in Julias altem Zimmer davor verstecken, sorgt bei dieser für kindlich-absurdes Gequengel. Unwillkürlich fühlt man sich an Agnes Überlegungen über den Wahnsinn zurückerinnert. Doch wer ist nun verrückt - alle oder keiner? Die Grenzen sind unscharf, jeder scheint von Zeit zu Zeit irre zu sein.

Die Balance, die Agnes und Tobias in ihrer faden Ehe gefunden haben, ist zumindest empfindlich getroffen. Ein Zustand, den vor allem das Bühnenbild geschickt widerspiegelt. Ein riesiger, leerer, weißer Bilderrahmen hängt schief vor einer schwarzen Wand, während sich die Schauspieler auf sterilen weißen Möbeln niederlassen und alkoholische Getränke aus der Hausbar konsumieren.

Durch diese Nüchternheit und das gute, ruhige Spiel der TiG-Mimen bekommt der Dialog den nötigen Raum. Meist sind es nur kurze prägnante Einwürfe, gelegentlich sorgen aber auch längere Dialoge für sarkastischen Humor und eine fortwährende Rätselhaftigkeit der Handlung, die zum Nachdenken anregt. Ist es verrückt, die Regeln der Höflichkeit aufrecht zu erhalten oder sie zu brechen? Ist Schein wichtiger als Sein? In jedem Fall ist die Inszenierung des TiG gelungen.

aht, Süddeutsche, 14. April 2008

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